Vereinschronik
1908 bis 1957
1. Zeitabschnitt von 1908 bis 1931:
Die Beteiligung unseres Vereins am Kampf um mehr Rechte der Angler und die Gründung des Deutschen Angler-Bundes (DAB) lagen nun schon wieder 8 Jahre zurück. Durch verschiedene Festlegungen und Maßnahmen wurde jetzt auch der Einfluss des DAB bis in unsere Vereinstätigkeit spürbar. Deutlich wird das insbesondere durch den Bezug der Deutschen Angler-Zeitung und die in den Versammlungen zum Inhalt der Zeitschrift geführten Diskussionen.
Aus den Protokollen dieses Zeitabschnittes wird erkennbar, dass der Rummelsburger See weiterhin Heimstatt unseres Vereins war und dass in allen Jahren ein regelmäßiges und von Frohsinn geprägtes reges Vereinsleben stattfand. Getragen wurde es besonders durch:
- Stiftungsfeste, die in der Regel als Wiederkehr des Gründungstages jedes Jahr im
März stattfanden, - Frühstücksfeste im Mai,
- Königsangeln im Juni, das fast ausschließlich an der Liebesinsel stattfand.
Hierbei wurde der erfolgreichste Angler als „Angel-König“ und der zweitbeste Angler als „Angel-Ritter“ gekürt. Im Anschluss an das Königsangeln fand dann ein gemütliches Beisammensein in
irgendeiner Lokalität, in den Protokollen als „Sommerfest“ bezeichnet, statt. - Dampferfahrten durch die Berliner Gewässer, Kinderfeste, Weihnachtsfeiern und
Berichte über Angelergebnisse gaben dem Vereinsleben die richtige Würze. Die Ereignisse des 1. Weltkrieges gingen auch am Leben unseres Vereins nicht vorbei. Geldspenden zur Linderung der Schrecken und Schmerzen des Krieges standen bei allen Versammlungen auf der Tagesordnung. Sie wurden dem Roten Kreuz überwiesen.
Am 1. Januar 1921 hatte unser Verein insgesamt 30 Mitglieder.
Zu einem Höhepunkt im Vereinsleben wurde das am 27. März 1926 durchgeführte
60-jährige Stiftungsfest. Von diesem Zeitpunkt an bis in das Jahr 1931 hinein wird aus den äußerst exakt geführten Protokollen ersichtlich, dass, wie bereits einleitend festgestellt, innerhalb unseres Vereins ein sehr regelmäßiges Vereinsleben stattfand.
Für uns heute sind aber noch die folgenden Aussagen interessant:
- Im Mai 1920 stellte ein Vereinsmitglied den Antrag, die offensichtlich
genehmigten Aalschnüre doch zukünftig mit 100 statt mit 50 Haken zu bestücken!! Der Antrag wurde „mit großer Majorität“ abgelehnt; - Mitglieder wurden nach 40-jähriger treuer Mitgliedschaft zu Ehrenmitgliedern
ernannt; - Im August 1930 nahmen Mitglieder unseres Vereins am „Stralauer Fischzug“ teil.
2. Zeitabschnitt von 1932 bis 1957:
Dieser Zeitabschnitt beinhaltet für unseren Verein, wie auch für viele andere Vereine, wohl die wechselvollste Geschichte. Der Grund dafür lag an den in dieser Zeitspanne existierenden unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Systemen. Dadurch gehörte er so den Zeitereignissen folgend den nachstehenden Dachverbänden an:
- Bis 1933 noch dem „Deutschen Anglerbund“.
- Von 1933 bis 1945 dem „Reichsverband Deutscher Sportangler“. Existierte dann
- von 1945 bis 1954 ohne Zugehörigkeit zu einem Dachverband und fand
ab 1954 seinen Platz im „Deutschen Anglerverband“, dem unser Verein auch
heute noch angehört. Bemerkenswert ist, dass unser Verein nicht Mitglied in dem von 1921 bis 1933 bestehenden „Arbeiter-Angler-Bund Deutschlands“ wurde. Es ist deshalb zu vermuten, dass die Vereinsmitglieder in der Mehrzahl dem Mittelstand angehörten.
In der Zeit von 1932 bis 1944 wurde fast in jeder Ausgabe der Zeitschrift „Der Deutsche Sportangler“ unter der Rubrik „Vereinsnachrichten“ über die Geschehnisse in unserem Verein berichtet. In der Ausgabe März 1936 fanden wir z.B. die folgende Notiz:
„70-jähriges Stiftungsfest.
Am 3. März feiert der älteste deutsche Anglerverein, der ‚Zentralverein der Angelfreunde 1866 Berlin Stralau’ sein 70jähriges Stiftungsfest im Restaurant Tübbecke, Alt Stralau. Gäste sind herzlich willkommen.“
Aus unseren alten Protokollbüchern können wir zur Gestaltung unseres Vereinslebens beispielsweise herauslesen:
- Am 19. Januar 1938 wird der Sportfreund Alwin Vetter, der später als
Vereinsvorsitzender eine bedeutende Rolle spielt, Seeaufseher. - Unentschuldigtes Fehlen bei Mitgliederversammlungen wurde mit 0,50 Reichsmark
bestraft. Die Einziehung erfolgte bei der nächsten Beitragskassierung. - Das Anangeln im Mai 1939 fand mit 15 Kähnen und 25 Anglern am Waisenhaus-
Ufer satt. Der Verein hatte zu dieser Zeit 39 Mitglieder. Am 14. Januar 1940 wurde der bereits genannte Sportfreund Alwin Vetter kommissarisch als Vorsitzender unseres Vereins eingesetzt. Am 12. Oktober 1941 wurde er zum „Vereinsführer“ gewählt und mit einem Schreiben des „Reichsverbandes Deutscher Sportfischer“ vom 18. November 1941 in seiner Funktion bestätigt.
Alwin Vetter war also von diesem Zeitpunkt an Vorsitzender unseres Vereins und bewahrte aus den Kriegswirren der letzten Jahre des 2. Weltkrieges heraus und im Übergang danach die Existenz unseres Vereins. Allerdings wurden nun, angepasst an die inzwischen eingetretenen Veränderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse, Vereine in ihrer Struktur - wie sie das Bürgerliche Gesetzbuch vorschrieb - abgeschafft. Für die nach dem 1. Weltkrieg in ihrem Bestand erhalten gebliebenen Anglervereinigungen wurden Namensänderungen vorgenommen. Aus dieser Situation heraus entstand nun auf Initiative von Alwin Vetter bereits 1946 die „Angelsparte“ beim Bezirksamt Berlin-Friedrichshain. Bis zur Gründung des Deutschen Anglerverbandes (DAV) im Mai 1954 wurde dieser Name auch so beibehalten. Nach der Gründung des DAV, an der unser Vorsitzender selbst aktiv beteiligt war, entstand dann aus unserer Anglergemeinschaft die „DAV Ortsgruppe Berlin-Friedrichshain.“
Auf der Basis des neu entstandenen Deutschen Anglerverbandes und der von der Regierung der DDR am 14. Oktober 1954 erlassenen „Verordnung zur Förderung des Angelsportes“ sowie des
1. Verbandstages des DAV vom 23. bis 24. Oktober 1954 in Berlin, entwickelte sich unsere Anglergemeinschaft zu einer starken Organisation. Bis 1957 stieg die Zahl der Mitglieder bald auf 600 an. Viele unserer Mitglieder beteiligten sich bereits zu dieser Zeit an Turnierveranstaltungen und errangen viele vordere Plätze. Jugendliche zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr waren in einer Jugendgruppe zusammengefasst. Unter der Leitung eines Jugendwartes erwarben sie viele praktische und theoretische Kenntnisse um gut angeln zu können und an den Gewässern auch Hege und Pflege zu betreiben. Hier endet unsere Vereins- Chronik für den Zeitabschnitt 1908 bis 1957. |